Die Europäische Union, die NATO und die Sicherheit Europas
Die NATO trifft sich am 10. und 11. Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius.
Die Unterstützung für die Ukraine wird den Hauptteil der Arbeit der 31 anwesenden Staats- und Regierungschefs ausmachen. Dank ihrer Einheit konnten die russischen Verstöße gegen internationale Verträge und die internationale Ordnung verhindert werden.
Das mächtigste Militärbündnis der Welt hätte jedoch allein nicht ausgereicht, um sich den Verstößen entgegenzustellen. Die Hilfe der Europäischen Union hat es dem ukrainischen Staat ermöglicht, weiter zu funktionieren und seinem Volk das Überleben in dem Konflikt zu sichern. Die Zuwendungen betragen mehr als 75 Milliarden € und sind ebenso hoch wie die der USA.
Nie zuvor war die Komplementarität zwischen den beiden Organisationen so offensichtlich.
Die Verteidigung Europas wird heute nicht von den Europäern übernommen; es ist die NATO, die Europa schützt. Ohne die NATO stünde die russische Armee heute an den Grenzen der Europäischen Union und würde diese unweigerlich bedrohen. Und vom Ausgang der russischen Aggression hängt weitgehend die Stabilität und der Frieden des Kontinents ab. Zur Abschreckung Russland muss die Union der Ukraine eine Beitrittsperspektive und greifbare Unterstützungsgarantien bieten.
Ohne die Europäische Union, die dieses Mal mit einer Stimme sprach, hätte die mutige Ukraine wahrscheinlich nicht so stolz Widerstand geleistet.
Es liegt nun an den beiden Organisationen, eine klarere Zukunft zu schaffen.
Wenn die Europäer autonom werden wollen, müssen sie, wie von ihren Verbündeten seit langem gefordert, massiver in ihre Verteidigung investieren und dies muss vor allem gemeinsam geschehen. Sie dürfen nicht nur in konventionelle Waffen investieren, sondern müssen sich auch fragen, ob sie selbst in der Lage sind, einen potenziellen Aggressor mit Atomwaffen abzuschrecken. Ihr Bündnis mit Amerika, das Land das hauptsächlich auf den Pazifik blickt, wird dadurch nicht geschwächt.
Die Amerikaner müssen ebenso akzeptieren, dass Europa nach und nach versucht, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Dabei dürfen die USA ihre massive Dominanz in der NATO nicht ausschließlich dafür nutzen, um ihre militärische Ausrüstung zu verkaufen. Dies würde zu Lasten der europäischen Verteidigungsindustrie gehen, die jedoch ebenso gestärkt werden muss. Sie wissen, dass sie sich auf ihre europäischen Verbündeten aus dem Lager der Demokratien verlassen können, und niemand kann sich vorstellen, dass ein Konflikt, in den Amerika verwickelt ist, z. B. in Asien, nicht das Engagement der Europäer an deren Seite hervorrufen würde.
Diese Komplementarität muss nun reifen, um glaubwürdige defensive militärische Kräfte mit einem diplomatisch und politisch offensiveren Europa zu kombinieren. Die Kriege in Georgien und der Ukraine hätten vermieden werden können, wenn Europa die Stärke der Abschreckung gegenüber Russland gehabt hätte. Nach dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine ist es wahrscheinlich eine neue Ära, auf die sich die Europäer vorbereiten müssen.