Im Angesicht des Albtraums
Die Invasion der Ukraine durch die russische Armee ist ein sinnloser krimineller Akt, den niemand vernünftigerweise vorhersehen konnte.
Eine derartige Verletzung der eigenen Bekräftigungen und unterzeichneten Verträge durch ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats war bislang unvorstellbar.
Ein solches Sammelsurium an Lügen, Doppelzüngigkeit und Verleugnung hat nichts mit dem Verhalten eines großen Landes gemein.
Daher stößt Putin bereits auf den hartnäckigen Widerstand der Ukrainer und die einhellige Verurteilung durch alle zivilisierten Nationen.
Für den russischen Diktator steht das Schlimmste noch bevor.
Die Europäische Union, die er so sehr verachtet und seit langem zerstören will, zeigt sich geeinter und entschlossener als je zuvor. Er hat sie bestärkt, ermutigt und vermutlich umgestaltet.
Die Kraft der Union hat sich in Rekordzeit entfaltet, um die härtesten Sanktionen gegen einen Staatsführer zu beschließen, der jeden Verstand verloren hat und das schlimmste aller Verbrechen begeht: den Krieg nach Europa zu bringen.
Niemand hätte sich vorstellen können, dass die Europäische Union zu so entschlossenen und schnellen Reaktionen fähig ist: militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung für die Ukraine, gnadenlose Sanktionen gegen Putin und seine Schergen, Einigkeit in Politik, Diplomatie, Kultur und Sport, um eine Aktion zu verurteilen, die eines anderen Jahrhunderts würdig ist.
Die langen europäischen Debatten über die Notwendigkeit, der mächtigen europäischen Soft Power, der tatsächlichen Einflussmacht Europas, eine militärische Ergänzung zu geben, die ihr Glaubwürdigkeit verleiht, sind nun überholt. Die Europäer werden alle aufrüsten und sich kollektiv für das große globale Spiel wappnen.
Die Sache eines militärisch und diplomatisch mächtigen Europas hat in drei Tagen mehr Fortschritte gemacht als in dreißig Jahren.
Diese brutale Erkenntnis war vorhersehbar: Die Interessen der Europäer sind mittlerweile so eng miteinander verknüpft, dass ihr erster Reflex in Notsituationen darin besteht, sich zusammenzuschließen und gemeinsam zu reagieren. Dies konnte man bereits bei den Impfstoffen erkennen.
Außerdem wird sich die Anziehungskraft Europas auf die Völker – diese Kraft, die vielleicht der wahre Grund für das Handeln des russischen Diktators ist – noch vergrößern und Putin könnte darin das Ende seiner Herrschaft sehen, denn das russische Volk, einschließlich der Oligarchen, zieht Frieden und Wohlstand jedem anderen Abenteuer vor.
Und wenn er die Widerstandsfähigkeit Europas militärisch, sogar nuklear, testen möchte, weiß er jetzt, dass er nur auf Standhaftigkeit und Einigkeit stoßen wird.