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Brexit: Vom Bleiben und Gehen

Seit jenem schicksalshaften 23. Juni, an dem sich die Briten mit einer denkbar knappen Mehrheit von 51,9% für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden, schlagen die Wellen auf der anderen Seite des Kanals hoch. Die Frage steht im Raum, welche Bande die Insel mit dem Kontinent künftig verbinden sollen.

Nach Jahren der feindseligen Spiegelgefechte, der Verweigerung und der üblen Nachrede, sahen sich die Briten Anfang der 1970er-Jahre gezwungen, den Erfolgen eines Europa beizutreten, das sich integrierte. Doch ihre politischen Führer haben sich seither hartnäckig geweigert, ihren Bürgern reinen Wein einzuschenken. Heute heucheln sie, erst jetzt die Vorteile Europas zu entdecken: Nirgends in Europa hört man derart viele Superlative über den Binnenmarkt, die Verteidigungskooperation, den europäischen Haftbefehl, die Strukturfonds und andere Gemeinschaftsmechanismen, die Garanten sind für Sicherheit, Wachstum und Arbeitsplätze. Die Briten bestanden stets auf einen speziellen Status in der Union, der ihre historischen und geografischen Besonderheiten berücksichtigte. Nun würden sie diesen gerne behalten.

Tatsächlich versprechen die Verantwortlichen nun, dass Britannien, natürlich, aus der Union austreten möchte, aber dass es in seinem Interesse sei, "souverän" über eine künftige "engstmögliche" Assoziierung zu entscheiden (David Davis, Brexit-Minister).

Die Verantwortung der britischen Eliten ist umfassend. Indem sie die Realität ihrer Zugehörigkeit zur Union hinter den Unaussprechlichkeiten einer Nostalgie verbargen, die in diametralem Gegensatz zum traditionellen britischen Pragmatismus steht, indem sie den verbitterten Sirenen der vulgärsten Form des Populismus folgten, brachten sie ihr Land in eine unmögliche Lage, die sich jetzt schon auf Warenkörbe und Staatsfinanzen auswirkt.

Die 27 haben sich weder dem Verlangen nach Rache noch nach Bestrafung hingegeben. Vielmehr bemühen sie sich, verantwortlich zu handeln und ihrem in Schwierigkeiten geratenen Partner dabei zu helfen, klarzustellen was er begehrt. Der europäische Binnenmarkt besteht aus gemeinsam erlassenen Regeln, deren Überwachung der supranationalen Kommission anvertraut ist und deren Sanktionierung einem unabhängigen Gerichtshof überlassen ist. Sich an diese Regeln zu halten ist ein souveräner Akt. Bei keinem der drei Grundpfeiler des gemeinsamen Markts können Abstriche gemacht werden, ohne eine gemeinsame Konstruktion zu schwächen, die funktioniert und unsere Volkswirtschaften stützt, die die Bande zwischen den Völkern stärkt und die Solidarität unter seinen Mitgliedern organisiert.

Es bleibt den Briten also nichts anderes übrig, als entweder zu gehen oder zu bleiben, die Vorteile der Unionsmitgliedschaft zu verlieren oder sie zu behalten, außerhalb der Union zwar, aber unter Anwendung all ihrer Regeln. Jedes Verhandlungsergebnis wird sich, leider, zum Nachteil der Briten auswirken müssen, niemals jedoch zu einer Schwächung einer Gemeinschaft führen, die erfolgreich war und ist. Und lassen Sie uns wetten: Letztlich werden sie sich einsichtig zeigen.

Diese Einsicht beinhaltet auch eine Lehre für uns: Lassen Sie uns stolz sein auf diesen Raum des Friedens, der Freiheit und des Wohlstands, den wir konstruiert haben. Natürlich haben wir vieles noch nicht vollenden können, aber zur Ehrlichkeit gehören auch unsere Erfolge und das stetige Streben nach Verbesserung, Verteidigung und Weiterentwicklung des Erreichten. Die Europäer, Weltmeister im Zaudern und der Reue niemals abgeneigt, können gemeinsam Heldentaten vollbringen, die stets als unerreichbar galten! Einen befriedeten und demokratischen Kontinent zu schaffen, auf dem man gut leben kann und dessen Zukunft vielversprechend ist, das ist eine dieser Heldentaten. Unsere erste Pflicht ist, darauf stolz zu sein und die Zweifel ausnahmsweise außen vor zu lassen.
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