Im Jahr 2017 stehen in Europa richtungsweisende, nationale Wahlen in den Niederlanden, Frankreich, der Tschechischen Republik und in Deutschland an, die in einem tiefgreifend veränderten, globalen Kontext stattfinden.
Bereits jetzt gibt es zwei Kategorien von Europäern: Diejenigen, die einen Krieg gegen den Terrorismus führen wollen und militärische Operation dafür bevorzugen und jene mit einer unbändigen Erwartung auf den nächsten „Tweet“ des designierten amerikanischen Präsidenten. Da dieser angekündigt hat, sich voll und ganz der amerikanischen Innenpolitik zu widmen, hofft diese zweite Gruppe, dass er dabei Europa nicht gänzlich aus den Augen verliert. Da es Europa an einer unabhängigen, autonomen und klaren Strategie mangelt, die die Beziehungen mit Asien, Russland, Afrika und den Vereinigten Staaten definiert, steht die Gemeinschaft unbeweglich und starr ihren Partnern gegenüber und gerät dadurch in eine unbequeme Lage. Selbst die gemeinschaftlichen Institutionen scheinen die Situation erkannt zu haben. Die Europäische Kommission wurde ebenfalls darauf aufmerksam und erkannte, dass es notwendig geworden ist, eine größere strategische Autonomie anzustreben. Der gemeinsame diplomatische Dienst versucht deshalb die europäischen Interessen zu definieren.
Zu diesen Überlegungen werden die Mitgliedsstaaten jedoch nicht eingeladen, da die internen und nationalen Interessen immer weiter Vorrang vor allen anderen Überlegungen zu haben scheinen. Die Solidarität zwischen den Ländern der Union nimmt immer weiter ab, ebenso wie das eigene unabhängige Urteilsvermögen. Die Unterschiede vergrößern sich. Von diesen Problemen sind die Wirtschafts- und Immigrationspolitik betroffen, aber genauso die Fragen und Probleme im Bereich der Sicherheitspolitik. Im Angesicht der Destabilisation durch Russland haben sich die Länder Osteuropas dafür entschieden ihre Sicherheitsbedürfnisse in die Hände der Vereinigten Staaten zu legen, ihrem, geografisch, am weitesten entfernten Verbündeten. Dies geschieht, obwohl sich innerhalb der Reihen der Union zwei Nuklearmächte und ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates befinden. Ein Blick in die Geschichte (Yalta, Potsdam) sollte jedoch ausreichen, um keine Politik zu verfolgen, die nur auf kurzfristige Sicherheiten und Gewinne ausgerichtet ist, da sich in der Weltpolitik die Zeichen der Zeit recht schnell verändern, wie man bei den letzten amerikanischen Präsidentschaftswahlen beobachten konnte.
Selbst die stärksten Allianzen können zerbrechen, wenn nationale Interessen sich verstärken. Der erfolgsversprechendste Ansatz zur Lösung des Problems ist, sich zu verständigen und die Interessen zu vergemeinschaften und gemeinsam zu verfolgen, soweit umsetzbar. Außerdem sind die nahen Verbündeten oftmals die zuverlässigsten. Die nordatlantische Allianz ist eine wichtige und nützliche Gemeinschaft, die jedoch die Mitglieder der Union nicht davon befreit, Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehören, die eigene Sicherheit zu gewährleisten und sich für die der Verbündeten einzusetzen.
Es ist außerdem notwendig zu akzeptieren, dass die Interessen Europas global sind und in Afrika, dem Mittleren Osten, in Asien und überall auf dem Planeten verteidigt werden. Alles andere wäre eine Ablehnung der Realität. Der Kampf gegen den Terrorismus ist eine globale Anstrengung und die Stabilität Afrikas ist eine Notwendigkeit für Europa, dies schrieb Robert Schuman bereits in den 1960er Jahren. Des Weiteren muss Europa für den freien Schiffverkehr eintreten, nicht nur wegen seiner ökonomischen Interessen, die damit verbunden sind, sondern auch um seine Prinzipien zu verteidigen.
Durch die Abwesenheit einer geteilten europäischen Überzeugung, die in den Köpfen verankert ist, ist es kaum verwunderlich, dass einige Mitgliedsstaaten eigene Agenden verfolgen. Frankreich, zum Beispiel, agiert in diplomatischen und militärischen Fragen oftmals ohne die EU, da es an gemeinsamen Antworten der Europäischen Union mangelt. Dadurch übernimmt Frankreich bereits wichtige Aufgaben bei der Garantie der europäischen Sicherheit. Ohne eine strategische Autonomie wird man die bisherigen Versäumnisse nicht aufholen können. Es findet jedoch bereits ein Umdenken statt und allmählich etabliert sich eine glaubhafte europäische Außenpolitik. Die Grundlage für einen weiteren Ausbau dieses positiven Ansatzes ist natürlich die Kooperation und die Klärung offenstehender Fragen bei gleichzeitiger Unabhängigkeit der verschiedenen Länder.