Die wallonische Tragikomödie rund um CETA hat einmal mehr den Trend einer sich immer stärker herausbildenden Gegnerschaft gegen den internationalen Handel bestätigt.
Für die Welt ist das eine schlechte Neuigkeit. Protektionismus war stets ein Anzeichen für dunkle Perioden der Spannungen und Konflikte. Der Handel hat unsere Erde befriedet, seit sein Volumen von 66 Mrd. $ im Jahr 1950 auf 20.000 Mrd. $ im Jahr 2005 angestiegen ist. Seitdem jedoch stagniert er.
Für Europa, die größte Handelsmacht der Erde, ist dies umso schlimmer. Obwohl es nur 7 Prozent der Weltbevölkerung stellt, zeichnet es für 30 Prozent des internationalen Handels, 20 Prozent des weltweiten Kapitals und 30 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen verantwortlich. Der Handel ist ein Feld, in dem sich Europa mit China und den Vereinigten Staaten auf Augenhöhe befindet, weil die Europäer stets geeint verhandeln und diese Kompetenz exklusiv an die Kommission überschrieben haben. Die Kommission hat dabei spektakuläre Resultate erzielt, etwa das Abkommen mit Südkorea aus dem Jahr 2011, das seither die europäischen Exporte um 37 Prozent erhöhte, während die Einfuhren nur um ein Prozent anstiegen. Das bedeutet konkret 2,7 Mrd. € mehr Ausfuhren. Nur zum Vergleich: Generell rechnet man mit 15.000 geschaffenen Arbeitsplätzen pro 1 Mrd. Exporten.
Insgesamt hängen 30 Millionen Jobs in Europa von Exporten ab. Darüber hinaus hat Europa wie alle anderen entwickelten Volkswirtschaften Schwierigkeiten, das hohe Wachstum vergangener Jahrzehnte zu erreichen. 90 Prozent des Wachstums der kommenden 15 Jahre wird sich außerhalb Europas realisieren. Um die Arbeitslosigkeit in Europa zu senken, heißt es deshalb das Wachstum dort zu suchen, wo es entsteht. Es heißt also exportieren und dafür Drittmärkte zu öffnen. Denn die Europäische Union leistet einen wichtigen Beitrag zu einer geregelten Globalisierung, indem sie unsere regulatorischen, sozialen, kulturellen, sanitären und sogar politischen Standards exportiert.
Wir verstehen nun, dass die wallonische Erpressung, deren innenpolitische Komponente nicht zu unterschätzen ist und durch eine populistische Ideologie der Angst befördert wird, vollkommen inakzeptabel ist und überwunden werden muss. Und sei dies zu Lasten belgischer institutioneller Mechanismen, die überkommen und jeglicher Kritik würdig sind. Zu beanspruchen, dass 7 abweichende Stimmen ein Abkommen, das von 28 verhandelt wurde, zu Fall bringen, gibt 3,6 Millionen Wallonen das Recht, 508 Millionen Europäer in Geiselhaft zu nehmen. Kanada selbst hatte sich, so wie dies die Europäer verlangt hatten, der Zustimmung seiner Provinzen versichert, vor allem um deren öffentliche Vergabemärkte für europäische Unternehmen zu öffnen. Man wird die Schwäche der europäischen nationalen Regierungen noch einmal bereuen, die das Abkommen von der Zustimmung nationaler Parlamente abhängig machten, die es eigentlich nicht benötigt hätte.
Und dennoch sollte die Emotion, die den Handel begleitet, gleichwohl irregeleitet, gleichwohl auf dreisten Lügen basierend, gleichwohl von aktivistischen und unverantwortlichen Gruppen getragen, nicht ignoriert werden. In allen Demokratien wünschen sich Bürgerinnen und Bürger mehr Transparenz und Teilhabe an Entscheidungen, selbst an den technischsten. Die Europäische Kommission hat darauf reagiert wie kein anderer Staat dieser Erde dies bislang getan hat. Sie hat die Verhandlungsdokumente öffentlich gemacht und eine Regelung für den Investorenschutz gefunden, die wegweisend ist und einen öffentlich tagenden, permanenten Investitionsgerichtshof vorsieht.
Man kann natürlich noch weiter gehen, weil offenbar nichts genug ist! Die Welle des Populismus, die in allen Demokratien und auch in den Vereinigten Staaten wogt, wird auch künftig auf die Ufer einer Weltwirtschaft treffen, die sich in totaler Transformation befindet. Es ist deshalb die Aufgabe eines jeden, sich dem entgegenzustellen und darauf hinzuweisen, was auf dem Spiel steht: eine offene Welt, die, wenngleich imperfekt, kooperativ und geregelt ist. Oder eine internationale Landschaft, in der sich jeder hinter seinen eigenen Barrieren verschanzt, die ihrerseits oft zu explosiven Ausbrüchen führen.
Es steht unseren Regierenden also eine schwere Aufgabe ins Haus. Sie müssen sich mit den aufgestauten Sorgen beschäftigen, doch sie nicht zu überwinden versuchen, indem sie dem internationalen Handel und, in Europa, der exklusiven Kompetenz der Kommission schaden. Wenn die Demagogen diese zutiefst europäische Kompetenz schleifen, dann könnten sie uns nicht nur mehr Arbeitslosigkeit und weniger Fortschritt bringen, sondern viele Unwägbarkeiten, die wir uns heute noch nicht vorzustellen vermögen. Das ist, was uns unsere Geschichte lehrt.