Alexis Tsipras hat seine Wette und an Rückhalt in einem Land gewonnen, in dem die politische Klasse diskreditiert ist. Auf dem europäischen Kontinent freut sich die extreme Rechte ebenso wie die extreme Linke über seinen Referendumssieg. Dieser Anstieg des Radikalismus stellt ganz Europa vor eine große Herausforderung. In Zukunft sitzt einer ihrer Vorsänger im Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs. Weitere können folgen.
Der Populismus erschwert die Anstrengungen, die die Europäer eigentlich unternehmen müssen, um ihren Platz in der Welt zu erhalten. Der Diskurs über "die Austerität" gewinnt so an Stärke - ungeachtet jedweder Vernunft. Eine "Annullierung der Schulden", die "illegitim" wäre und in der Vergemeinschaftung der Schulden eine Wunderlösung sieht, gewinnt zunehmend an Boden. Vielleicht liegt das daran, dass der Krieg heute mehr und mehr aus dem Bewusstsein der Europäer verschwunden ist. Sie haben von der Europäischen Union in einer Weise profitiert, die ihnen überhaupt nicht bewusst ist. Wo wären die Griechen heute ohne die europäische Solidarität? Ein Entwicklungsland? Ähnliches gilt für die Bürger in den anderen Mitgliedsstaaten. Oftmals laden historische Ereignisse dazu ein, sich auszuruhen und sich nur um die Besitzstandswahrung zu kümmern. Das geht zum Schaden der Zukunft. In diesem Weg liegt deshalb eine große und unmittelbare Gefahr.
Natürlich wird die Robustheit des gemeinschaftlichen Europas eine Wiederaufnahme der Verhandlung mit Griechenland ermöglichen. Europa ist dafür da, um zu diskutieren und weniger um sich unversöhnlich zu geben. Es geht darum zu versuchen die Probleme einvernehmlich zu lösen, anstatt im Chaos zu versinken. Aber die Chancen stehen schlecht, dass die Verantwortlichen in Europa alles akzeptierten werden. Mit Sicherheit werden sie keine Schuldenerleichterungen ohne ein ernsthaftes Restrukturierungsprogramm akzeptieren, ohne welches der griechische Staat nicht wieder auf eigenen Beinen stehen wird können und aufhört sich zu verschulden.
Das griechische Volk hat gewählt und seine Entscheidung muss nun respektiert werden. Im Gegenzug müssen die Griechen aber auch mit allen Konsequenzen ihres Votums leben. Entweder gelingt es der griechischen Regierung doch noch eine Einigung mit ihren Partnern zu erzielen, die dieses Mal dann aber auch eingehalten werden muss. Oder aber die Griechen scheiden aus der Eurozone aus, was niemand ernsthaft wünscht, weil die Folgen für das Land dramatisch wären. Man vergisst oft, dass es sich dabei um eine Staatspleite handeln würde. Ein unbeschreibliches Chaos oder gar die Aushebelung der Demokratie wären die Folge. Die griechische Regierung spielt also mit dem Feuer, obwohl sie auf einem Pulverfass sitzt. Hoffen wir, dass sie sich zumindest jetzt daran erinnert.