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Frankreich-Deutschland: Zeit für einen neuen Anlauf

Am 17. Dezember 2013 wird Angela Merkel erneut von den Abgeordneten des Bundestags zur Bundeskanzlerin gewählt werden, sie wird dann Kanzlerin einer großen Koalition sein, der 80% der Bundestagsabgeordneten angehören werden. Am folgenden Tag wird sie nach Paris reisen, zur Vorbereitung des wichtigen Europäischen Rates, der am 19. und 20. Dezember 2013 stattfinden wird. Der Besuch in Paris, entsprechend der guten alten Tradition, die bereits etwas in Vergessenheit geraten war, könnte ein positives Signal sein für einen europäischen Neustart des deutsch-französischen Duos.

Seit der Wahl des französischen Präsidenten im Mai 2012 leidet die deutsch-französische Partnerschaft unter permanenten Umwälzungen und Wahlterminen. Die Partnerschaft war unangemessenen ideologischen Angriffen ausgesetzt, wie sie bisher in den bilateralen Beziehungen noch nicht vorgekommen waren. Die ideologischen Angriffe führten zu einer noch nie dagewesenen Politisierung der deutsch-französischen Debatten, deren Folge in erster Linie auf europäischer Ebene sichtbar wurde: Die so wichtigen deutsch-französischen Impulse in Richtung europäische Integration blieben aus.


Nach außen hin wurde mehr oder weniger die Form gewahrt und beide Länder feierten 2013 gemeinsam den 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Elyséevertrages, es fand nach wie vor ein permanenter Austausch auf Verwaltungsebene statt, der in seiner Intensität einzigartig ist und so nur zwischen den Partnerländern Deutschland und Frankreich existiert. Dennoch können beide Länder zum jetzigen Zeitpunkt keine wirkliche gemeinsame Initiative vorweisen.


Der deutsch-französische Motor läuft, aber das Fahrzeug fährt nicht! Politische Diskrepanzen, innenpolitische Prioritäten, unterschiedliche Ausgangssituationen, tiefgehende wirtschaftliche Unterscheidungen, fehlende Vertrautheit des Führungspersonals führen zu einem betäubenden Schweigen, das zu einer Belastung für die gesamte Europäische Union geworden ist.


Dies ist die Stunde der „Staatspflicht“. Europa muss den Stillstand überwinden, in das es hineinmanövriert wurde, um seine wirtschaftlichen und menschlichen Trümpfe ausspielen zu können und um sie für den wirtschaftlichen Aufschwung nutzbar zu machen – hierfür benötigen wir wirkliche europäische Führungsstärke. Auch wenn Angela Merkel die „Chefin Europas“ ist, kann sie diese Aufgabe nicht allein erfüllen. Sie braucht hierfür ein starkes Frankreich mit einer entsprechenden Richtungsvorgabe; sie muss sich jederzeit auf eine enge Zusammenarbeit mit der zweitgrößten Volkswirtschaft Europas verlassen können und auf eine wirkliche Nähe zu dem Land, in dem die Idee der europäischen Einigung entstanden ist und das sich de facto gemeinsam mit Deutschland seit 63 Jahren für diese Einigung engagiert.


Mit Recht erwarten wir somit von den Verantwortlichen in Deutschland und Frankreich ein wirkliches europäisches Engagement. Künstliche diplomatische Kompromisse zu technischen Fragen können niemanden zufrieden stellen, sie sind sicher oft wichtig, aber sie können keine langfristige Vision ersetzen. Die Bankenunion ist wichtig, ebenso die Wirtschaftssteuerung der Eurozone, aber wichtiger wäre eine gemeinsame deutsch-französische Vision zur künftigen politischen Union in Europa.


2014 ist das Jahr der Neubesetzung sämtlicher europäischer Institutionen. Frankreich und Deutschland könnten diese Gelegenheit nutzen und allen Beteiligten eine konkrete Forderungsliste bezüglich institutioneller Reformen vorschlagen und durchsetzen. Mit Hilfe dieser Reformen müssten die Institutionen in die Lage versetzt werden, ihre Arbeitsweise den wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten anzupassen, sie müssten demokratischer arbeiten und so eine größere Akzeptanz ihrer Entscheidungen erreichen können. Beide Länder könnten auch neue Initiativen im Bereich Steuern, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik oder Außenpolitik starten. Für all dies sind keine Vertragsänderungen notwendig. Voraussetzung hierfür ist lediglich, Europa politisch zu denken, das heißt basierend auf dem festen Willen, Europa effizienter zu machen.


Dies erwarten wir von den deutsch-französischen Verantwortlichen auf höchster Ebene. In den kommenden drei Jahren ohne große Wahlkämpfe sollten sie ausreichend Zeit haben, notwendige Risiken einzugehen, zu entscheiden und zu handeln. Europa wartet auf sie, allen voran die europäischen Bürger.


 


 

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