Die USA zögern, sie sind gezeichnet von den seit über zehn Jahren andauernden Einsätzen im Ausland, deren Erfolge umstritten sind. Frankreich betont zu Recht, dass der Einsatz von Chemiewaffen nicht folgenlos bleiben darf; Chemiewaffen sind seit 90 Jahren verboten, als Reaktion auf die Folgen ihres Einsatzes im ersten Weltkrieg. Die Briten zahlen nun mit ihrer historischen Kehrtwende für die Folgen der Fehler im Irakkrieg. Der UNO-Sicherheitsrat ist lahm gelegt durch diejenigen, die befürchten, dass sie sich eines Tages in einer vergleichbaren Situation befinden könnten, die sie direkt betreffen könnte.
Die internationale Gemeinschaft ist gespalten angesichts eines schrecklichen Bürgerkriegs, der immer mehr Opfer fordert und für den es keine Lösungsperspektive zu geben scheint.
Genau diese Ausgangslage erfordert eine europäische Antwort.
Zunächst zum Prinzipiellen. Wir können nicht den Einsatz verbotener Waffen tolerieren, nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch aufgrund der Geltung des Völkerrechts. Weltweit steht Europa für das Recht und seine Umsetzung.
Im Folgenden zu den Modalitäten. Es müsste möglich sein, die internationale Gemeinschaft davon zu überzeugen, dass es zunächst eine politische Antwort geben muss, dann eine diplomatische mit vollem Einsatz in den Bereichen Dialog und Verhandlung. Der G20-Gipfel unter russischer Präsidentschaft ist eine Gelegenheit, die genutzt werden muss und die ein geeintes Europa mit einer wirklichen Strategie zu einem Erfolg machen könnte. Weder Russland noch China noch die europäischen Staaten, die einer Militärintervention ablehnend gegenüber stehen, können angesichts der extremen Entwicklung des Konflikts, den dieser durch den Einsatz von Massenvernichtungswaffen genommen hat, tatenlos bleiben.
Anstelle eines Streits über die richtige Antwort wäre zunächst eine übereinstimmende Verurteilung des Chemiewaffeneinsatzes angebracht.
Die europäische Außen- und Sicherheitspolitik, so oft wegen ihrer Schwäche kritisiert, könnte sich hier in den Dienst der ratlosen Regierungen stellen. Sie könnte endlich die Bedeutung gewinnen, die man von ihr erwartet und vielleicht zu unerwarteten Ergebnissen führen.
Ein Europäischer Rat müsste mit guter Vorbereitung an die entscheidenden Prinzipien erinnern und in einer internationalen Konferenz eine Lösungsperspektive eröffnen, die alle Akteure versammelt und auf der vor dem Hintergrund der legitimen weltweiten Empörung ein Ausweg präsentiert werden könnte.
Eine solche Konferenz wäre für Europa eine Gelegenheit, seine regionalen und strategischen Interessen zu definieren, die über den Fall Syrien hinaus reichen. Diese Interessen sind ganz überwiegend gemeinschaftliche Interessen und keine europäische Nation kann ohne die Gefahr der Isolation nur spezifische Eigeninteressen verfolgen.
Auf dem internationalen Parkett gibt es Lösungen, die allein Europa bieten kann. Eine dieser Lösungen liegt in dem überzeugenden Vorzug eines politischen und diplomatischen Auswegs vor einer militärischen Lösung.