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Zypern oder die Lehren der Aphrodite*

Es wird noch dauern, bis die Zypernkrise und die beschlossenen Rettungsmaßnahmen in ihrer vollen Tragweite bewertet werden können. Bereits jetzt lassen sich jedoch einige Lehren aus der Geschichte ziehen.

Eine stärkere Integration der Eurozone ist nicht möglich bei gleichzeitigem Festhalten an ökonomischen Modellen, die lediglich die Rahmenbedingungen festlegen, da hierdurch die gesamte Eurozone in Gefahr gerät.

Das aufgeblähte Bankensystem gleicht einem System der Steuerparadiese, mit seiner Anziehungskraft für Kapitalanleger aufgrund niedriger Steuern und unrealistischer Zinsen hat es Zypern in die Insolvenz geführt.

Die Einlagen der zahlungsunfähigen Banken haben einen Umfang von 130 Milliarden Euro, in einem Land, in dem das Bruttoinlandsprodukt unter 20 Milliarden Euro liegt.

Vor diesem Hintergrund ist die Erweiterungspolitik der Eurozone, wie auch der Europäischen Union, gescheitert.

Es müssen Korrekturen vorgenommen werden. Die Einhaltung formeller Kriterien kann eine politische und strategische Einigung über die Ziele der Union und über die Vision eines europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells nicht ersetzen, wobei diese im Falle eines Beitritts unbedingt geteilt werden müssen und die eigentliche Motivation für einen Beitritt darstellen sollten.

Eine gemeinsame Währung erfordert darüber hinaus ein zuverlässiges Zahlungssystem, das funktioniert, egal, was passiert. Dies ist die Vertrauensgrundlage für die wirtschaftlichen Akteure.

Die Kontrolle der Kapitalströme, zu der Zypern als Notlösung gezwungen ist, ist nicht mit einer Währungsunion und den Regeln des Binnenmarkts vereinbar. Ein zypriotischer Euro hat in der Folge nicht mehr den gleichen Wert wie ein normaler Euro.

Eine Garantie für Guthaben bis 100 000 Euro sollte überall gelten. Im vorliegenden Fall griff die Regierung jedoch die Kleinsparer an, um ihr Modell zu retten und weiterhin für ausländische Investoren attraktiv zu sein – in den Augen der Bürger sollte Europa als ganzes den Preis für diesen Fehler zahlen, wobei die Idee inzwischen zum Glück vom Tisch ist.

In dieser Krise sind unter starkem Druck bestimmte Prinzipien verkannt worden und diese Verkennung wird nicht ohne Folgen bleiben.

Die Europäische Union kann so nicht weiter machen, von Ausnahme zu Ausnahme, von Mini-Krise zu systematischer Kopflosigkeit.

Sie muss sich entschieden in Richtung wirtschaftliche und finanzielle Integration bewegen, nicht nur bezüglich ihrer Regeln, sondern auch in der Anwendung derselben.

In derart wichtigen Materien, die für die gesamte Union entscheidend sind, darf es keine Vielzahl an Entscheidungsträgern mehr geben. Es muss eine einzige Autorität geben, die gemeinschaftlich bestimmt und mit Entscheidungsgewalt ausgestattet ist. Dies erfordert eine politische Neufundierung der Union, deren Mitgliedsländer, wie auch deren Bürger, eine neue Aufteilung der Souveränität akzeptieren müssen. Dies ist die Bedingung für einen stabilen Euro und für Solidarität innerhalb der Union, die im Gegenzug automatischer ablaufen würde, zum Wohle der Bürger.

Es ist höchste Zeit, diese politische Debatte zu eröffnen, die sicherlich nicht einfach sein wird, deren Verweigerung jedoch zu immer neuen Krisen führt.




*Nach der griechischen Sage ist Aphrodite die Göttin der Liebe, die aus Meeresschaum geboren wurde und an der Küste Zyperns an Land ging; sie ist ein Nationalsymbol der Insel.

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