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Der Fehler des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament steht kurz davor, einen großen Fehler zu begehen.

Seit dem Vertrag von Lissabon muss das Parlament in Straßburg den Staats- und Regierungschefs einen Vorschlag für eine neue Sitzverteilung unterbreiten, diesmal ist aufgrund des Beitritts Kroatiens zum 1. Juli 2013 und der Aufnahme kroatischer Abgeordneter eine neue Sitzverteilung notwendig.

Zu jeder Europawahl soll das Europäische Parlament zunehmend die demographische Realität abbilden, entsprechend der degressiven Proportionalität. Dieses Konzept, das eine Übergangslösung darstellt, garantiert die Repräsentation sämtlicher Mitgliedstaaten unabhängig von deren Größe und soll zugleich in progressiver Form für eine gerechte Repräsentation aller europäischen Bürger sorgen.

Heute repräsentiert ein maltesischer Europaabgeordneter 69 352 Wähler, während ein französischer Europaabgeordneter 883 756 Wähler repräsentiert, ein luxemburgischer Europaabgeordneter 87 476 Wähler und ein deutscher Europaabgeordneter 826 704 Wähler. Eine noch ungerechtere Verteilung ist schwer vorstellbar! Aufgrund dieser Ungleichheit kritisiert das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die mangelnde demokratische Legitimation des Europäischen Parlaments, dies ist auch der Hauptkritikpunkt der Bürger der Mitgliedstaaten gegen das Europäische Parlament, das die einzige europäische Institution darstellt, deren Mitglieder per Direktwahl gewählt werden.

Die Rechte des Parlaments sind gestärkt worden, die Ungleichheit der Stimmenverteilung muss nunmehr beendet werden, damit das Parlament als Stimme der europäischen Bürger seine Aufgaben erfüllen kann und die Kritik der Bürger angesichts eines in ihren Augen zu entfernten und nicht ausreichend demokratischen Europas ernst genommen wird.

Der Vorschlag der Berichterstatter Gualtieri und Trzaskowski, der ihren Kollegen in der Woche vom 11. März 2013 zur Abstimmung vorgelegt werden soll, steht diesem Anliegen konträr gegenüber und verkennt die europäischen Verträge. Die von den Berichterstattern vorgeschlagene Lösung, „dass kein Land mehr als einen Sitz gewinnt oder verliert“ ist nach ihrer Aussage „im aktuellen Kontext die einzige Lösung, die im europäischen Parlament die Chance auf eine Mehrheit hat und einstimmig im Europäischen Rat verabschiedet werden kann“. Die großen demokratischen Prinzipien werden so mit dem Argument der zu schwierigen Durchsetzbarkeit über Bord geworfen.

Die Europäische Union, wie auch die Mitgliedstaaten sollten schnellstmöglich diesen Weg verlassen, der sie geradewegs auf den Pfad der fehlenden Legitimität führen wird.

Mehr denn je ist ein demokratisch gewähltes, das heißt repräsentatives europäisches Parlament notwendig, um die europäischen Bürger an das Projekt Europa anzunähern. So lange die politisch Verantwortlichen auf europäischer Ebene Kompromiss mit Kompromittieren verwechseln, Dialog mit schwachem Konsens, demokratische Prinzipien mit einfachem kleinen Verzicht, so lange werden wir nicht das unerlässliche Vertrauen der Bürger in die Vollendung der europäischen Einigung zurück gewinnen.

Hoffen wir, dass die Versammlung in Straßburg diesen schlechten Vorschlag ablehnt
oder dass sich zumindest ein Staatschef nicht auf diesen Rabatthandel einlässt. Dies wäre ein erster Schritt zur Heilung Europas von dem Leiden, das es aufzuzehren droht. 
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