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Frankreich-Deutschland: ein Paar mit Zukunft

An diesem 22. Januar feiern Frankreich und Deutschland den 50. Jahrestag des Elyséevertrages, der ihr enges Bündnis besiegelte.

In der Tat ein Grund zum Feiern! Es gibt keine andere bilaterale Beziehung weltweit mit der gleichen Intensität an Nähe und Vertrauen, im Austausch und bei der gemeinsamen Arbeit. Es gibt kein anderes Beispiel dafür, wie zwei Staaten mit einer derart konfliktreichen und dramatischen Vergangenheit brechen und aus ihr die Kraft ziehen konnten, eine privilegierte Partnerschaft aufzubauen.

Ja, dieses Beispiel gilt es zu feiern, bei dem Vernunft und Weisheit über die Fatalität des Krieges, über Widerstände und Unterschiede gesiegt haben!

Unmittelbar nach Ende des zweiten Weltkriegs gelang es beiden Ländern, gemeinsam die so oft vergeblich erhoffte Idee eines vereinten Europas in die Tat umzusetzen, das in Zukunft von verheerenden Kriegen verschont bleiben sollte.

Bereits 1959 reicht Robert Schuman als Erster dem Feind von gestern die Hand, gefolgt von General de Gaulle 1963 und Deutschland ergreift die ausgestreckte Hand in dem festen Willen, mit seiner Vergangenheit zu brechen. Beiden Ländern gelingt die deutsch-französische Aussöhnung und aus ihrer Verbindung entsteht das Fundament der europäischen Einheit.

Die Ausgeglichenheit und die gegenseitige Ergänzung, wie auch der unbezwingbare politische Wille beider Staaten, die ein Drittel der europäischen Bevölkerung repräsentieren und fast die Hälfte seines Reichtums, sind der einzig wahre Motor der europäischen Integration. Auch heute noch gibt es keine europäische Entscheidung, falls Deutschland und Frankreich nicht - gemeinsam - zustimmen. Dies ist vielleicht der Grund dafür, weshalb die Europäische Union manchmal den Eindruck erweckt, angesichts der Veränderungen in der Welt nicht schnell genug vorwärts zu kommen.

Über lange Zeit stand die französische Wirtschaft besser da als die deutsche, da jedoch beide Länder ein hohes Wachstum verzeichnen konnten, spielten die Unterschiede keine Rolle. Heute hat sich das Blatt gewendet, aufgrund zeitlich versetzter und unterschiedlicher Reformen, verschärft durch die Krise.

Und der Dialog, der sich nach wie vor durch eine unvergleichlich hohe Qualität und Intensität auszeichnet, findet nach und nach mehr auf diplomatischer und administrativer Ebene statt, im Vergleich zu früher, wo der politische und zukunftsweisende Austausch im Mittelpunkt stand. Er wird oft beeinträchtigt durch politische Wechsel, die auf beiden Seiten des Rheins eine Eingewöhnungsphase erfordern. Er ist angegriffen durch die Krise, die Eilentscheidungen verlangt, die oft nicht schnell genug oder nicht mit der notwendigen Brillanz erfolgen können. Er ist gebeutelt von kleinteiliger Politik, vom Populismus, diesem Egoismus der Reichen, eine europäische Spezialität. Erstmals nach langer Zeit gab es wieder verletzende Kritik, deutschenfeindliche Worte aus Frankreich oder wirtschaftliche Arroganz aus Deutschland, die nicht mehr für möglich gehalten wurde!

In Frankreich wurde zum Teil bedauert, dass man „sich Deutschland unterworfen“ habe, obwohl man sich in Wahrheit lange dem Weg des geringsten Widerstands unterworfen hat, insbesondere was öffentliche Ausgaben angeht. Aus Deutschland war zu hören, dass man nicht „für die Unverantwortlichkeit der anderen zahlen wolle“, nämlich den Preis einer unverantwortlichen Politik, insbesondere im Bereich Finanzen. Keiner sollte Recht behalten und das ist gut so…

Es gibt hohe Erwartungen an die deutsch-französische Partnerschaft in Bezug auf die Lösung der aktuellen Probleme, denen Europa sich stellen muss. Die politischen Führer sollten die Größe ihrer Verantwortung nicht unterschätzen.

Von ihnen und von niemandem sonst wird der Erfolg Europas abhängen, das heißt die Lösung der Krise, dringende Reformen, das zukünftige Gesicht der Europäischen Union und insbesondere seine Rolle auf dem internationalen Parkett.

Es ist die Aufgabe Frankreichs und Deutschlands, bei gleichbleibender Offenheit für ihre übrigen Partner, die Einheit der Europäischen Union zu vollenden und einen Fahrplan vorzuschlagen, der einen Weg für die Zukunft weist.

Die Voraussetzung für eine europäische Fruchtbarkeit ist eine wiedergefundene Nähe.

Diese Überlegungen sollen die Feier anlässlich 60 Jahren Freundschaft und anlässlich des 50. Jahrestags des visionären und ehrgeizigen Vertrages nicht beeinträchtigen, auf dessen Grundlage noch viele Entwicklungen möglich sind – sie sollen inspirieren.

 


 


 

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