Aufgrund der Krise sind viele Unzulänglichkeiten der Europäischen Union zutage getreten, wie die Kakophonie an Erklärungen und eine unerträglich lange Entscheidungsdauer. Aufgrund des überwältigenden Ausmaßes an neuen Herausforderungen wurden auch einige Fehler gemacht, die nicht zuletzt die Finanzinvestoren in Unruhe versetzten. Inzwischen ist klar zu erkennen, dass sämtliche Institutionen entschlossen sind, alles Notwendige zur Wiederherstellung des Vertrauens zu unternehmen.
Das Handeln der Europäischen Zentralbank hat dazu geführt, dass wieder mehr Ruhe und Besonnenheit auf den Finanzmärkten herrscht. Die mutigen Entscheidungen des europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs werden die Regierung der Eurozone nachhaltig ändern. Das europäische Parlament hat dieser neuen Regierung die notwendige Legitimität verliehen. Die Kommission ist endlich aufgewacht.
Natürlich gibt es nach wie vor noch viel zu tun, um einen Mechanismus zu finden, der ein solidarisches Vorgehen bei etwaigen Zahlungsausfällen von Staaten garantiert und darüber hinaus eine langfristige Lösung für den Umgang mit den Schulden Griechenlands garantiert. Es ist jedoch inzwischen klar ersichtlich, dass der Euro nicht untergehen wird und dass er sogar gestärkt aus den derzeitigen Ereignissen hervorgehen kann. Der Beweis hierfür ist bereits erbracht.Jetzt ist die Zeit gekommen, das Notwendige zur Ankurbelung des europäischen Wachstums zu unternehmen. Hierfür müssen die öffentlichen Ausgaben reduziert werden, die sanfte Droge zur Stärkung der Wirtschaft, die ein schleichendes Gift ist. Wenn öffentliche Ausgaben tatsächlich zu Wachstum und Beschäftigung führen würden, hätte uns die Ausgaben- und Schuldenexplosion der letzten 15 Jahre ein Wachstum im zweistelligen Bereich und Vollbeschäftigung bringen müssen! Es müssen noch diejenigen überzeugt werden, die es nicht gewohnt sind zu kalkulieren. Die Bürger haben es schon verstanden. Sie werden eine gerechte Politik unterstützen, die transparent und in die Zukunft gerichtet ist, denn die Europäer wollen das europäische Gesellschaftsmodell, um das sie viele beneiden, verteidigen. Der Europäische Rat am 30. Januar sollte daher erfinderisch sein und die wichtigen Ressourcen auf europäischer Ebene bezüglich Beschäftigung, Innovation und Produktion neu mobilisieren.
Europa ist der Kontinent, der seine Regierung am intensivsten reformiert hat während der Krise. Der neue Fiskalpakt ist Beweis der beachtlichen Entwicklungen, deren konkrete Auswirkungen noch nicht ausreichend gewürdigt worden sind. Mittel- und langfristig wird sich zeigen, dass Europa auf die Krise mit einer verstärkten Integration reagiert hat, die weiter geht, als jemals vorstellbar war.
Es ist viel zu früh, von einer Überwindung der Krise in Europa zu sprechen, aber das Ende des Tunnels ist jetzt sichtbar und wir sind in die Phase der Konsolidierung eingetreten. Wir dürfen jetzt in den Anstrengungen nicht nachlassen und wir müssen zu weiteren Anstrengungen bereit sein, denn die Krise, die wir erleben, hat weltweite Auswirkungen. Sie nahm ihren Anfang im Jahr 2007 und sie wird im Jahr 2012 nicht beendet sein. Sie fordert heute Europa heraus und morgen, mit großer Wahrscheinlichkeit, andere Kontinente und Schwellenländer.
Oberste Priorität muss die Stabilisierung des Währungs- und Finanzsystems haben, das durch neue Akteure und die wirtschaftlichen Verflechtungen erschüttert ist. Wir müssen daher dringend zur Tat schreiten und unserer obersten Pflicht nachkommen, die darin besteht, unsere Finanzen in Ordnung zu bringen und das europäische Wachstumspotential offen zu legen, wodurch wir wieder zuversichtlich und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken können.