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Neues Deutschland? Neues Europa?

Emmanuel Macron wird attestiert, viele Entwicklungen im internationalen Kontext vorausgesehen zu haben, und Frankreich wird bescheinigt, sich eine in Europa einzigartige Handlungsfreiheit bewahrt zu haben.

Nun gibt es eine weitere Persönlichkeit, die diesen Grundsatz teilt: Friedrich Merz.

In der Tradition des großen frankophilen Europäers Wolfgang Schäuble und mit seiner langjährigen persönlichen Erfahrung hegt der Mann, der am 6. Mai neuer Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wird, große Ambitionen für sein Land und zögert deshalb nicht, mit traditionellen Politiken zu brechen, die bislang als unantastbar galten.

Noch vor seinem Amtsantritt gelang es ihm, den Bundestag über den Entwurf eines Programms abstimmen zu lassen, das sich im Koalitionsvertrag, den er mit den Sozialdemokraten unterzeichnet hat, wiederfindet. Es ermöglicht Investitionen von 100 Milliarden Euro in die öffentliche Infrastruktur und in die Verteidigung, indem es die verfassungsrechtlich festgeschriebene „Schuldenbremse“ aufhebt, die das Haushaltsdefizit auf 0,35% des Bruttoinlandsprodukts begrenzt.

Diese Maßnahmen dürften einen starken positiven Einfluss auf die deutsche Wirtschaft haben, die sich seit zwei Jahren in einer Rezession befindet, und somit auch auf die gesamte europäische Wirtschaft, deren Wachstum stockt. Das ist eine gute Nachricht.

Darüber hinaus ist Friedrich Merz entschlossen, sein Land aus der strategischen Sackgasse herauszuführen, in die es sich seit langer Zeit manövriert hat. Er hat die anhaltende Abkehr der Vereinigten Staaten zur Kenntnis genommen, unter deren militärischem Schirm Deutschland es sich selbst verwehrte, über seine Sicherheit und die des Kontinents nachzudenken. Er will sich für die strategische Autonomie Europas einsetzen; der russische Krieg in der Ukraine und der amerikanische Rückzug bieten ihm die Gelegenheit dazu.

Seine klare Ablehnung der russischen Machenschaften, die versucht haben, die deutsche Demokratie zu destabilisieren, hat ihn zu einer klaren Haltung gegenüber dem Aggressor in der Ukraine veranlasst.

Schließlich ist Friedrich Merz ein wahrer Europäer und ein Kämpfer für die deutsch-französischen Beziehungen. Er wird in Paris einen verlässlichen Verbündeten finden, um diese Agenda umzusetzen; In Brüssel wird er erwartet, um das so lange verstummte „deutsche Sprachrohr“ wieder zu erwecken.

Von seinem Amtsantritt ist eine Wiederbelebung des deutsch-französischen Motors zu erwarten, der sich diesmal auch verstärkt mit Sicherheitsfragen beschäftigen wird.

Das Ausmaß der internen Herausforderungen, die ihn erwarten - Aufstieg der Extreme, Einwanderung, Wachstumsschwäche - fällt mit einer europäischen Politik zusammen, die durch konkrete Kooperationen gestärkt werden muss, unabhängig von den Methoden. Wenn es ihm gelingt, die Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, wird man sagen können „Deutschland ist wieder da“ und diesen Slogan sogar auf „Europa ist wieder da“ übertragen können.
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