Es sind nicht nur die Präsidentschaftswahlen in den USA, die Europa herausfordern und zu einem Aufbruch drängen. Auf der internationalen Bühne verlangt man eine Reaktion, eine Strategie und konkrete Maßnahmen. Die Europäische Union, die zweit- oder drittgrößte Macht der Welt, hat die Mittel dazu. Sie muss zwei Prioritäten setzen.
Der wirtschaftliche Rückstand des Kontinents ist real. Dieser kann nur mit innovativen Politiken aufgeholt werden, denen es gelingt, den europäischen Wohlstand zu mobilisieren, indem sie ihn in Investitionen umwandeln. Wenn einige keine gemeinsamen Anleihen wollen, dann müssen sie einen europäischen Kapitalmarkt akzeptieren, d. h. die Verzinsung der europäischen Ersparnisse zugunsten der Industrie - das erste Stadium einer europäischen Präferenz, die auf alle Bereiche ausgeweitet werden sollte. Eine gute Verwaltung der öffentlichen Finanzen und die Aufwertung der Arbeit sind ebenfalls eine Notwendigkeit. Schließlich scheint ein Moratorium für Normen und Auflagen unerlässlich zu sein, um die europäischen Produktivkräfte freizusetzen.
Die Bedrohung durch sich ausweitende Konflikte darf nicht unterschätzt werden. Aufrüstung, über das bereits Begonnene hinaus, eine härtere Gangart in der noch zu „weichen“ Diplomatie, ein entschlossenes Engagement für unsere Verbündeten, die Ukraine, die Verhinderung russischer Machenschaften in Europa und das Ächten von Verstößen gegen internationale Regeln anderswo sind unumgängliche Forderungen.
Die Autonomie des Denkens und Handelns der Union muss auf die Verteidigung unserer Interessen ausgerichtet sein. Dies ist die Lehre aus den Entwicklungen, die in allen Demokratien zu beobachten sind, zugegebenermaßen unter dem Druck immer zahlreicherer autokratischer Regime. Unter diesen Bedingungen hat Europa alle Trümpfe in der Hand, um die schwindelerregenden Wendungen des digitalen und ökologischen Wandels zu meistern und, was noch wichtiger ist, um auf die Rückkehr eines Nationalismus zu reagieren, von dem man sich zu befreien wusste.